Ulrichstein - Widdershausen aktuelles Projekt

Chronik Widdershausen
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Ulrichstein

Chronik 3 > Kriege
Festung Schloß Ulrichstein 1759
Als der Herzog von Braunschweig mit der verbündeten Armee im April 1759 von Fulda aus gegen die bei Bergen unweit Hanau in der Sammlung begriffene französische Armee zum Angriff vorrückte, entsendete derselbe u.a. zur Deckung seiner rechten Flanke, den Herzog von Holstein-Gottorp mit mehreren Bataillons und einigen Escadrons (hessische und hannoversche Jäger, das 2. Bataillon des hessischen Garde-Grenadier-Regiments, ersten Bataillon des Regiments Erbprinz und das preußische Regiment Finkenstein-Dragoner) über Lauterbach gegen Grünberg.
Da der Feind das Bergschloß Ulrichstein mit 400 Mann nebst 30 Pferden des Fischerschen Freicorps besetzt hielt und von da aus weitum die Umgegend unsicher machte, beschloß der Herzog von Holstein selbiges durch Überfall zu nehmen.

An der Erstürmung der Festung Ulrichstein am 7. April 1759 nahm der aus Widdershausen stammende Grenadier Johannes Reckhard (*1718 in Widdershausen bis +1793 in Ippinghausen) teil.
Ulrichstein – Auszug aus der Topographia Hassiae von Matthäus Merian 1655
Die Burg Ulrichstein um 1600, Ulrichsteiner Postkarten auf facebook, Wolfgang Jung Ulrichstein
Wirklich gelang es auch der mit Äxten und Sprengwerkzeugen versehenen Vorhut, unter Commando des preußischen Hauptmanns von Bülow, durch einen dichten Nebel begünstigt, zumal auch die Franzosen keinerlei Außenposten aufgestellt hatten - noch vor Tagesanbruch des 7. Aprils, sich dem einzigen Eingangsthore dieses auf einem hohen Basaltkegel belegenen, mit einer hohen Mauer und vorliegenden tiefen Graben umgürteten Schlosses zu nähern, um solches, ohne daß es die schwache Thorwache zu verhindern vermochte, aufzusprengen.
Der jener Vorhut nachfolgende Haupttrupp, aus einer Abtheilung des Garde-Grenadier-Regiments bestehend, unter persönlicher Führung des Oberst-Lieutenants Wilhelm Maximilian Freiherrn von Ditfurth, drang nicht nur im ersten Anlaufe durch das Thor in den äußeren Vorhof ein, sondern auch gleich in das enge und steil aufsteigende Thorgewölbe der eigentlichen Schloßgebäude.
Hier aber kam es zum blutigen Kampfe. Der französische Grenadier-Hauptmann Chevalier de la Haulse hatte in aller Eile eine kleine Schaar um sich versammelt, und setzte, durch die Localität begünstigt, den Anstürmenden in jenem Thorgewölbe einen solchen hartnäckigen Widerstand entgegen, daß dieselben gezwungen waren sich zurückzuziehen, nachdem ihr Anführer Oberst-Lieutenants Freiherr von Ditfurth durch einen Steinwurf an den Kopf schwer verwundet zu Boden gestreckt worden war.
Hierdurch gewannen die Vertheidiger vollends Zeit, sich nicht nur in Vertheidigungszustand zu setzen, sondern namentlich auch jenes Gewölbe, welches den einzigen Zugang in das Innere des Schloßgebäudes bildete, dergestalt durch allerlei Hausgeräte, Balken und Haufen von Steinen zu verrammeln, daß trotz wiederholt versuchter erneuter Sturmangriffe ein Eindringen in dasselbe sich sehr bald als geradezu unmöglich erwies. Vergebens versuchten die Stürmenden in Folge dessen, mittels inzwischen herbeigeschaffter Sturmleitern, an anderen Stellen in das Schloßgebäude einzudringen.
Infanterie von Hessen-Kassel in der Schlacht bei Krefeld im Frühsommer des Jahres 1758, die hessischen Grenadiere in Ulrichstein trugen 1759 die gleichen Uniformen; Gemälde von Richard Knötel (* 12. Januar 1857 in Glogau; † 26. April 1914 in Berlin)
Die Vertheidiger setzen dem allenthalben den heldenmüthigsten Widerstand entgegen. Ja, sie ließen hierin selbst nicht nach, als bereits fast ihre gesamte Munition verfeuert war, sondern wehrten derartige wiederholte Sturmangriffe mehrmals fast nur mittelst energischer Steinwürfe ab, so daß über 250 der Angreifer, darunter 180 Mann des Garde-Grenadier-Regiments, entweder (wie Hauptmann von Weitershausen und Fähnrich Schaller) den Tod fanden, oder (wie Oberst-Lieutenant Freiherr von Ditfurth) schwere Verwundungen empfingen. Erst als buchstäblich die letzte Patrone verfeuert und überhaupt die Kräfte der Vertheidiger durch fünfstündigen Kampf gänzlich erschöpft worden waren, begehrte der französische Commandant Oberst-Lieutenant von Ried - gegen Zusicherung freien Abzugs mit Waffen, Gepäck und allen Kriegsehren - zu kapitulieren.

Von der Bewunderung über den erfahrenen heldenmüthigen Widerstand erfüllt, gestand der Herzog von Holstein dieses Begehren - unter Hinzufügung der Bedingung, daß die Besatzung ein Jahr lang nicht gegen die Verbündeten dienen sollte - großmüthig zu.
Ein ganz eigenthümliches Vorkommniß war es jedoch, daß die Angreifer den Vertheidigern sogar noch behülflich sein mußten, von Außen her die Verbarrikadierung des hoch ansteigenden, engen Thorgewölbes aufzuräumen, um ihnen das Herauskommen aus dem Schlosse zu ermöglichen.
Nachdem dies geschehen war, erfolgte Mittags 12 Uhr der Auszug der Besatzung mit klingendem Spiele, an den in Parade aufgestellten Angreifern vorüber.
Im Eingangsbereich der Burgruine befindet sich ein Grab von 22 Grenadieren des hessischen Grenadierregiments, die beim Sturm auf die von Franzosen besetzte Burg am 7. April 1759 gefallen waren.

Welchen Muth und welche Beharrlichkeit übrigens auch die Stürmenden - an deren Spitze sich vor Allem das Garde-Grenadier-Regiment befunden - bethätigt hatten, dürfte am besten aus dem Berichte des Befehlshabers der tapferen Vertheidiger, des Oberst-Lieutenant von Ried hervorgehen, in welchem sich derselbe u.a. folgendermaßen äußert:
"Er sei fünf Stunden lang mit solcher Furie bestürmt worden, daß er nicht genug die Tapferkeit der Angreifer bewundern könne."
"Nachdem er alle Munition verfeuert, habe er daher geglaubt ,daß es nicht gegen die Ehre der französischen Waffen sein könnte, mit solchen tapferen Gegnern eine Capitulation einzugehen und unter der Bedingung des freien Abzugs mit allen Kriegsehren seinen Posten zu räumen, wenn auch mit der Verpflichtung, ein Jahr lang nicht gegen die Verbündeten zu dienen."
"Ebenso auch - fügt derselbe wörtlich hinzu - kann ich das mir, sowie der mir untergebenen Mannschaft nicht nur von Seiten des Herzogs von Holstein und des Prinzen von Anhalt-Bernburg, sondern auch von Seiten sämtlicher Offiziere und Mannschaften der Verbündeten bei unserem Ausmarsche an den Tag gelegte ritterliche und großherzige Benehmen nicht hoch genug rühmen."
Eine solche Aussage des Feindes ist fürwahr ein wahrhaft ruhmvolles Zeugnis.
Hier handelt es sich um die Uniform des Grenadierregimentes 2. Bataillon Garde 1756, das Regiment, welches an der Erstürmung der Burg Ulrichstein 1759 teilnahm.
Invalidenhaus in Karlshafen, hier hielt sich Johannes Reckhard aus Widdershausen 1763 auf, vier Jahre nach seiner Schulterblattverletzung bei der Erstürmung der Burg Ulrichstein 1759
Quelle:
Das kurhessische Leibgarde-Regiment, eine geschichtliche Skizze, von Maximilian Freiherrn von Ditfurth, kurfürstlich hessischer Hauptmann, Cassel 1882, Verlag Gustav Klaunig, Hofbuchhandlung, Zweiter Abschnitt, Seite 25-28
Geisel, Karl, Invaliden in Carlshafen im 18.Jahrhundert.
In Hessische Familienkunde, Band 6, (Darmstadt) 1962, 1963


Johannes Reckhard, 1718 in Widdershausen geboren
Grenadier und später 25 Jahre Sergeant im 2. Batl. Garderegiment,
1751 übernimmt er ein Patenamt in Widdershausen
1759 „bei Ulrichstein mit großen Steinen auf das re. Schulterblatt geworfen worden“,
1763 Aufenthalt im Invalidenhaus in Karlshafen
1766 Geburt Tochter Anna Gertrud in Karlshafen
1768 Geburt Tochter Anna Christina in Karlshafen
1771 Geburt Tochter Anna Maria Elisabeth in Karlshafen
1773 Geburt des Sohnes Christian in Karlshafen
1776 zur Garnison Rinteln,
1777 von Rinteln nach Ziegenhain,
1778 Geburt des Sohnes Hermann in Ippinghausen
später zurück nach Karlshafen (Staatsarchiv Marburg, Bestand 12 und 15b Paket 2)
1793 7. April, Tod in Ippinghausen, 75 Jahre alt

Der Vater von Johannes Reckhard, Christian Reckhard war ebenfalls Soldat und heiratete am 26. Juli 1716 Elisabeth Bachmann aus Widdershausen.
Er diente zu 1716 als Reiter im Diemarischen Regiment, es war das Kavallerieregiment (K4) oder Dragonerregiment welches 1704 als als Hanstein zu Pferde gegründet wurde. Freiherr Ernst Hartmann von Diemar (* 24. Juni 1682 in Hessen; † 16. Juli 1754 in Deberndorf) übernahm als Oberst 1713 das Regiment und blieb dessen Chef bis 1741.
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