Flößerei - Widdershausen aktuelles Projekt

Chronik Widdershausen
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Flößerei

Chronik 3 > Werra
Flößerei auf der Werra vor 200 Jahren (1751)
Heringen streitet mit Widdershausen um einen "Floßhafen"
von Bruno Frießner, Wölfershausen
Die Landesherrschaft in Kassel bediente sich seit Jahrhunderten der Flößerei auf der Werra, um ihr Bauholz aus den eigenen Forsten des Thüringer Waldes im Oberamt Schmalkalden auf dem billigen Wasserwege heranzuholen. Das Langholz und auch die Bretter - damals allgemein Dielen genannt - reisten zu Flößen gebunden von Wernshausen werraabwärts an Salzungen und Vacha vorbei bis an die Grenze des hessischen Landes nach Widdershausen. Dort wurden sie an Land gezogen und durch Bauernfuhrwerke über den Seulingswald nach Breitenbach an der Fulda gebracht. Hier wurden neue Flöße zusammengestellt, die fuldaabwärts bis Kassel schwammen.
Widdershausen lag damals an der Grenze gegen das sächsische Gebiet (Herzogtum Sachsen Weimar-Eisenach). Dieser binnendeutsche Nachbarstaat war wie heute wieder Zollausland, und Hessen wachte eifersüchtig darüber, daß kein Floßgeld nach Sachsen ging, auch wurde nicht gerade gern gesehen, daß sich sächsische Grenzjäger Löhne in hessischen Orten verdienten.
Flößerei auf der Werra in den 20er Jahren in der Nähe von Schacht Neu-Heringen (rechts im Bild erkennt man den Förderturm).
Die großen Werraschleifen, die zahlreichen Untiefen und Furten, die Schafwäschen und Flachsrösten im Flussbett, die Mühlen mit ihren Wehren, scheinen die Flößerei nicht wesentlich gehemmt zu haben. Die Wassermühlen hatten in ihren Wehren sämtlich Floßgassen, die sogenannten Fachten, die in ihren Maßen mit der Berufsorganisation der Floßknechte, den Floßgewerken, abgestimmt waren. Für die Gewährung der Durchfahrt und die kurzfristige Störung des Mühlenganges entrichteten die Flößer dem Müller z.B. von einem Bretterfloß ein Brett.
Die Verwaltung des Floßhafens - auch Holzlandeplatz oder Holzmagazin genannt - die Organisation der Abrechnung mit den Flößern, die Regelung der Abfuhr durch gedingte Fuhrleute lag ums Jahr 1752 in den Händen des Schullehrers Eytzenrod in Widdershausen. Durch Löhne und Gebühren scheint einiges Geld nach Widdershausen geflossen zu sein. Es ist aber nicht viel gewesen. In der Kataster-Vorbeschreibung von Widdershausen 1772, also 20 Jahre später, und dem Vergleich mit den Nachbarorten, ist jedenfalls kein besonderer Reichtum des Ortes festzustellen.
Jedoch scheint es soviel gewesen zu sein, daß die Einnahmen aus der Flößerei den Heringern in den Augen gestochen haben. Die Heringer bemühen sich 1751 um die Verlegung des Holzmagazins von Widdershausen nach Heringen.
Flößer aus Wernshausen auf der Werra um 1925
Doch lassen wir nun die Akten selbst sprechen:
"Hochwohlgeborener Freiherr, wohl- und hochedel und gestrenger Herr und hochgelehrter zu hochfürstlicher Rentkammer hochverordneter Präsident, geheimbter Kammerrat, gnädige großgünstige und hochgebietende Herren!
Hochfürstlicher Rentkammer in Kassel ist außer unseren untertänigen Vorstellen schon bekannt, daß das Magazin von den vielen Flößen ist in Widdershausen angelegt worden. Nun ist aber der Platz zur Ausladung sehr gering da wenn wir die Dielen weiterfahren wollen solche aus dem Wasser aufladen müssen und noch dazu einige Tage zubringen müssen. Hier in Heringen wäre für das besagte Dielen-Magazin ein sehr großer Platz vorhanden so daß die Ausladung der Dielen füglicher als inWiddershausen geschehen kann. Auch dabei zu erwägen ist, daß von Heringen nach Breitenbach 2 Stunden näher denn von Widdershausen gefahren werden kann, und dann gnädigste Herrschaft einen Dielen-Zoll sparen könnte, wenn zu Heringen ausgeladen würde. Auch wäre dabei zu bedenken, daß durch das viele Aus- und Abladen der Dielen viele Stücke zerbrochen werden. Überdies so haben wir einen Färber hier wohnen, welcher als Faktor die Ein- und Ausgabe der Rechnungen führen könnte.
Also gelanget an hochfürstliche Rentkammer unsere untertänige Bitte bei diesen Umbständen, daß das Dielenmagazin allhier zu Heringen, wo nicht ganz so doch zur Hälfte, angelegt werde, und auch der Färber Mansius zum Faktor über Ein- und Ausgabe bestellet und darüber hohe Verordnung erteilet werden möge, gnädig und großgünstig.
Euer Excellenz wohl -und hochedelgeboren untertänigst sämtliche Einwohner der Dorfschaft Heringen. Amts Friedewald , 2. September 1751"
Flößer aus Wernshausen auf der Werra
Amtmann Langes in Friedewald "untertänig gehorsamster" Bericht an die fürstliche Rentkammer in Kassel:
"Nach Erhalt des gnädigen Schreibens welches bei Abhaltung des Rüge-Gerichtes hier eingelanget ist, hat die Gemeinde Heringen die halben Niederlage der Floßholzwaren daselbst erbeten, und mir ist damit befohlen, den Wegekommisar Fuchs von Breitenbach an der Fulda den Schulmeister Eytzenrod und Dorfvorsteher zu Protokoll zu vernehmen und dieses einzusenden. Gleich wie nun die Vernehmung geschehen, also lege solche allergehorsamst hier an. Und da sich hierbei hervortut, daß der Weg, Geld zu verdienen den Heringern offen bleibt, so sehe ich nicht ein, daß solche Ursache haben, sich deshalb zu beschweren, oder eine Veränderung zu suchen, und dürften vielmehr einige Privatinteressen hahinterstecken.
Inzwischen stelle zu fernerer hochbefehlender Verordnung und verharre mit untertänigstem gehorsamsten Respekt Euer hochfreiheitlicher , Euer Excellenz, hochwohl- und hochedeler, gestrenger, herrschaftlicher, untertänigen, gehorsamer Lange, Amtmann zu Friedewald den 13. Juni 1752".

"Heringen, beim Walpurgi-Rüge-Gericht, den 18. Mai 1752
Es wurde der Schulmeister Eytzenrod von Widdershausen vernommen, welcher nach geschehner deutlicher Bekanntmachung obigen gnädigen Befehles sagte:
Er müsse gestehen, daß seiner Meinung nach die halbe Niederlage der Holzfloßwaren zu Heringen schon schicklich und der Gemeinde die dadurch zuwachsenden Nahrung zu gönnen sei, welches aber von hochfürstlicher Rentkammer abhänge.
Und ob er wohl einige Male Dankmarshäuser Einwohner, also ausländische, zum Holztransport habe nehmen müssen, so wäre solches bei Hochwasser der Werra, wenn die Heringer Fuhrleute nicht zu ihm haben kommen können, und auch in Übereinstimmung mit der von dem Herrn Geheimrat Waitz in Kassel stammenden Instruktion geschehen und erlaubt nicht, daß selbige Dankmarshäuser über 10 Reichstaler verdient haben werden. Weiter wisse er keine Nachricht zu geben.
Flößer aus Wernshausen auf der Werra
"Friedewald, den 23. Mai 1752
wurde der Wegekommissarius Fuchs aus Breitenbach gelegentlich da er sein Forstgeld ablieferte, ebenso vernommen nach gnädigem Befehl, daß die halbe Abladung der Holzflößerwaren in Heringen deshalb nicht tunlich, weil das zweierlei Rechnungen verursache und wären noch keinmal zweierlei Abladungen, vermutlich Ursache gewesen. Überdies wäre auch niemals den Heringer Untertanen der Verdienst durch Holzfuhren versagt worden, wenn sie sich in Widdershausen beim Spediteur Eytzenrod meldeten. Und obwohl die Dankmarshäuser als ausländische Untertanen ja zuweilen etwas Fuhren gehabt haben, so wäre dies nur in den Zeiten der Not geschehen, und wäre ihm viel lieber und besser, wenn die Heringer fahren würden. Denn das sind Landes-Untertanen. Stellte also das Weitere höheren Ortes untertänig anheim."

"Friedewald, den 1. Juni 1752
Erscheint der Gerichtsschöppe und Vorsteher Johannes Kühn von Heringen und bat daß wenn die halbe Abladung der Flöße zu Heringen durch hochfürstlichen Befehl erfolgen sollte, so könne er 2 Spediteure gegen den Genuß wie solchen der Schulmeister Eytzenrod in Widdershausen habe nennen, zumalen er am Wasser wohne.
Flößer aus Wernshausen auf der Werra
Die in der anliegenden Aufstellung benamten Einwohner von Heringen erklären sich mit Unterschrift bereit das Holz jederzeit gegen den billigen Fuhrlohn richtig abzufahren:

Christian Axt
Philipp Axt
Simon Bittorf
Johann George Brand
Heinrich Diel
Johann George Döll
Thomas Gebühr
Johannes Gebühr
Johann George
Valentin Hack
George Koch senior (Schmied, aus der Baßmannschen Hofraite, Fuldische Aue)
George Küchenmeister
Johannes Küchenmeisters Witwe
George Kühns Witwe
Johann Klaus Kühn
Jost Kühn
Martin Lauterbach
Johann Adam Lingener
Valentin Lingener
Christ Lückhard
Johannes Rieß
Konrad Rieß
Johann Hermann Ruch
George Rudloff senior
Hermann Schimmelpfennig
Johann Adam Schimmelpfennig
Johann Adam Schimmelpfennig junior
Johann George Schröder
Hans George Siebold
Johannes Siebold junior
Johannes Spangenberg
Johannes Wagner senior
Johannes Wagner junior
Kurt Wagner
Johann George Weber

Damit bricht die Akte ab. Nur die Rückseite trägt den Vermerk des Geheimen Rates Waitz: "Ich sehe nicht ein warum man die Nahrung der hessischen Untertanen mit den fremden teilen sollte."
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