Seilbahn - Widdershausen aktuelles Projekt

Chronik Widdershausen
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Seilbahn

Chronik 3 > Bergbau
Draht-Seilbahn in einem Kaliwerk, eingesetzt zum Salztransport in eine entfernte Fabrik
Zeichnung der doppelten mittleren Tragseilspannvorrichtung der Seilbahn von Heiligenroda, Schacht I nach Wintershall 1909
Drahtseilbahnbau von Heiligenroda I nach Wintershall 1909
Am 19.02.1909 bittet die sachsen-weimarische Kaligewerkschaft Heiligenroda in Dorndorf/Werra um die Genehmigung des Baues einer Drahtseilbahn zwischen ihrem Schacht Heiligenroda I und einer auf preußischen Gebiet gelegenen Mühle auf dem Werk Wintershall in Heringen/Werra.
Das ein Kaliwerk sein Rohsalz auf einem anderen Werk verarbeiten ließ, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus Kostengründen gang und gäbe. So wurden z.B. 1913 dem Werk Wintershall die Rohsalze aus dem eigenen Schacht Grimberg, aus dem Schacht Heringen, aus den beiden Schächten Herfa und Neurode und der Schachtanlage Heiligenroda geliefert.
Werk Wintershall mit der Drahtseilbahn in der Werra-Aue 1940
Die Drahtseilbahn wurde mit einer Länge von 6550 m, einer stündlichen Transportleistung von 45 Tonnen bei einer Wagennutzlast von 600 kg (75 Wagen pro Stunde) innerhalb weniger Monate gebaut, sodass die Abnahme der Drahtseilbahn bereits am 22.01.1910 erfolgen konnte.

Montagetrupp beim Bau der Eisenmasten für die Drahtseilbahn
Bis dahin wurden die geförderten Rohsalze umständlich mit Fuhrwerken vom Schacht bis zum Bahnhof Dorndorf transportiert, dort auf Schiene umgeladen und per Eisenbahn zum Kaliwerk Wintershall in Heringen gebracht.
So sinnvoll und vereinfachend diese Drahtseilbahn auch war, so bleibt doch zu fragen, warum sie gebaut wurde. Während die Rohsalze aus den Schächten Grimberg, Heringen, Herfa und Neurode in der Fabrik der Gewerkschaft Wintershall auf höherwertige Fabrikate verarbeitet wurden
und somit die Lieferungen für einen geregelten Fabrikbetrieb von großer Bedeutung waren, wurden die von Heiligenroda gelieferten Salze von Anfang an in einer eigens für die Gewerkschaft Heiligenroda aufgestellten Mühle vermahlen und als minderwertigeres Rohsalz in den direkten Versand gebracht. Die Gewerk­schaft Heiligenroda konnte mit dem Verkauf der Rohsalze keine großen Gewinne erziehlen, da die Rohsalzmarken im Vergleich zu den aufgearbeiteten Kalisalzen nur eine geringe Gewinnspanne hatten. Das bedeudet jedoch auch, dass die Gewerkschaft Heiligenroda im Jahre 1909 um einen Drahtseilbahnbau nachsucht und ihn 1910 auch ausführt, der lediglich das Ziel hatte, in einer eigenen, mehrere Kilometer entfernt stehenden Mühle die geförderten Rohsalzbrocken zu verkaufsfähigem Rohsalzkorn zu vermahlen. Nach heutigen ökonomischen Maßstäben ist dieses Verfahren unrentabel.
Seilbahn von Heiligenroda, Schacht I nach Wintershall,
Außenansicht der Entladestation in Wintershall, rechts die Widdershäuser Feldgemarkung über der Rüttelsburg und unter dem Zipfen
In der damaligen Situation war es sinnvoll. Der Schacht Heiligenroda sollte erst im November 1909, sieben Monate nach Beantragung der Drahtseilbahn, seine Endteufe erreichen. Solange durch die Vorrichtung des Kalilagers die Güte der Kalisalze nicht eindeutig geklärt werden konnte, sah man allgemein von der Anlage einer eigenen Kalifabrik ab. Dass sich die Gewerkschaft Heiligenroda selbst gegen die Anlage einer eigenen Mühle entschloss, dürfte logistische Gründe haben:
Der Schacht Heiligenroda I lag etwa sechs Kilometer entfernt von der Eisenbahnstrecke mitten im hessisch-thüringischem Werra-Bergland. Hätte man eine Mühle direkt am Schacht gebaut, hätte der Transport der Rohsalze zum nächstgelegenen Bahnhof Dorndorf dennoch erfolgen und zusätzlich eine eigene Waggonverladung inklusive eines eigenen Anschlussgleises eingerichtet werden müssen.
Da aufgrund der noch nicht feststellbaren Güte des Kalisalzes noch nicht abzusehen war, ob sich diese Investitionen lohnen würden, entschloss sich die sächsisch-weimarische Gewerkschaft zum Bau der Drahtseilbahn und einer eigenen Mühle auf dem preußischen Werk Wintershall und konnte gleichzeitig die dort gegebene Infrastruktur benutzen. Das ihre Wahl gerade auf die außerhalb des sachsen-weimarischen Territoriums gelegene Fabrik fiel, ist weniger politisch als topographisch zu erklären.
Blick in die Beladestation in Heiligenroda
Blick in die Entladestation in Wintershall in Heringen. Aus: Stephan, P.: Die Drahtseilbahnen. 2.Auflage, Berlin 1914, Seite 215
1909 existierten nur zwei Kalifabriken im Werratal, das waren die auf preußischen Territorium entstandene Gewerkschaft Wintershall und die auf sachsen-weimarischem Territorium entstandene Gewerkschaft Kaiseroda. In Luftlinie bedeutete das: Etwa fünf Kilometer zum Werk Wintershall und knapp zwölf Kilometer zum Werk Kaiseroda. Der Bau einer Drahtseilbahn zum Werk Wintershall war die kürzere und somit kostengünstigere Alternative.

Quelle: Dagmar Mehnert, Drahtseilbahnbau von Heiligenroda I nach Wintershall 1909,
Kali und Geschichte, Zeitschrift zur Technik-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Kaliindustrie in Deutschland,
ISSN-Nr: 1617-7479, Heringen 2001

Stephan, Paul: Die Drahtseilbahnen (Schwebebahnen), Springer Verlag Heidelberg GmbH, 2.Auflage,
ISBN 978-3-662-27575-7, Berlin 1914, Seite 215
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