Ausscheller - Widdershausen aktuelles Projekt

Chronik Widdershausen
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Ausscheller

Daten&Fakten > Einwohner > Dorforiginale
Gemeindediener von Brandoberndorf
Ein Ausscheller in einem Dorf bei Baumholder bei der Arbeit im Jahre 1936
Der dörfliche Informationsdienst
In unserem heutigen Kommunikationszeitalter in dem schon jedes Schulkind über ein eigenes Handy verfügt, wird oft vergessen, wie in der alten Zeit die Dorfbewohner ihre Informationen bekamen.
Neben den wenigen Radios und einigen Exemplaren der Hersfelder Zeitung war der Ausscheller in den Dörfern des Werratales der wichtigste Überbringer der neuesten Mitteilungen aus der Gemeinde und der politischen Verwaltung.
Der Ausscheller war in den Gemeinden eine feste Institution, die als Autoritätsperson eine wichtige Funktion ausübte und in der Regel noch als Gemeindediener tätig war.
„Schwötz Schriener“ (lange Jahre als Ausscheller in Widdershausen im Dienst) und „Süsahns Jakob“ zwei Widdershäuser Originale, hier als Gemeindearbeiter im Einsatz (Foto: Pfarrer Kirchner)
Da früher die Strassen und Gassen nicht wie heute vom Autoverkehr belastet waren, ging es dort wesentlich ruhiger zu als heute. Vorwiegend landwirtschaftliche Fuhrwerke mit Kühen und Pferden als Zugtiere, öfter auch Schaf- und Gänseherden prägten das Strassenbild. Meistens um die Mittagszeit, wenn die Einwohner von ihrer Feldarbeit zum Essen nach Hause kamen, begann für den Ausscheller die Arbeit.

Mit der grossen Ortsschelle in der Hand machte er seine festgelegte Runde durch das Dorf. An allen markanten Plätzen und in gewissen Abständen blieb er stehen, läutete mit seiner Glocke und verschaffte sich so Aufmerksamkeit.
Da in früheren Zeiten die Haustüren nicht so dicht und die Fenster keine Doppelverglasungen hatten, war die Ankunft des Ausschellers schon von weitem hörbar.
Nachdem die Leute aus ihren Häusern kamen und sich in der Nähe versammelten oder aus den Fenstern schauten, rief er mit lauter Stimme seine Bekanntmachungen.
Von einem Zettel las er die Informationen vor.
Die Bekanntmachungen betrafen die verschiedensten Themen, wie

Kohlelieferung
Holz- und Obstbaumversteigerung
Impftermine
Informationen über Tierseuchen
Bauangelegenheiten der Gemeinde
Mitteilung der nächsten Gemeinderatssitzung
Datum und Uhrzeit von Feuerwehrübungen
Versammlungen der einzelnen Ortsvereine
Abstellen der Wasserleitung wegen Reparaturen,
desgleichen Abschalten der elektrischen Stromversorgung
Aufruf zu Bürgerversammlungen
Bekanntgabe von Tanzveranstaltungen
Ausschellen verlorener Gegenstände
Zahlung von Gebäude- und Grundsteuern.

In den Kriegsjahren wurden auf diese Art die Mobilmachung, Hilfsleistungen, Spenden und die Einquartierung von Flüchtlingen mitgeteilt.
Je nach Mentalität des Ausschellers gab es zuweilen auch eine lustige Mitteilung, die für Heiterkeit sorgte.

Nachdem der Ausscheller seine Informationen weitergegeben hatte ging er 200m weiter und wiederholte seine Bekanntmachungen.

Die Leute, mit den neuesten Nachrichten jetzt informiert, fanden noch Zeit, mit der Nachbarschaft ein Schwätzchen zu halten. Nach einem Musikstück, meistens einem Marsch, wurden nun die neuesten Nachrichten verkündet. Dieser Ortsfunk konnte sich in den Werrataldörfern nicht etablieren, über den „Eisernen Vorhang“ hinweg konnten aber die Landwirte über viele Jahre den Ortsfunk z.B. Durchsagen der örtlichen LPG in unseren thüringischen Nachbargemeinden mithören.

Die Weiterentwicklung der Überbringung von Bekanntmachungen und Nachrichten an die Bürger führt heute zu einer Flut verschiedenster Medien (Mitteilungsblätter, Broschüren, Internet etc.), die den Menschen zur Verfügung stehen.

Eine neue Errungenschaft der Überbringung von Bekanntmachungen und das Ende des Ausschellers brachte in einigen Orten die Installation des so genannten Ortsfunkes. Lautsprecher wurden in bestimmten Abständen aussen an Häusern angebracht, die mit einem Kabelnetz und dem Mikrofon am Schreibtisch des Ortsdieners im Bürgermeisteramt verbunden waren.
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