Autobahnbrücke Hönebach - Widdershausen aktuelles Projekt

Chronik Widdershausen
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Autobahnbrücke Hönebach

Chronik 3 > 2.Weltkrieg > Kriegsende
Autobahnbrücke Hönebach 31. März 1945

Aus einem "After Action Report" des 704th Tank Destroyer Battalion findet man unter dem 31. März 1945 folgenden Eintrag:
Fahrt durch Sieglos, Oberhaun, Unterhaun, bis an den Rand von Hersfeld, dann ein kurzes Stück über die Autobahn. Nach Berlin sind 357 Kilometer ausgeschildert, das sind rund 225 Meilen. Wir verließen die Straße und bezogen Stellung als Vorposten. Später fuhren wir auf der Autobahn weiter, mehrere Kilometer, und stießen dabei nur auf leichten Widerstand.
Unteroffizier John Eidenschink von der Besatzung von Sergeant Ferraro schaltete 3 Panzer IV und ein PAK-Geschütz aus. Die Autobahn war durch eine gesprengte Brücke blockiert, also machten wir einen Umweg über eine Nebenstraße und fuhren nach Hönebach. Hönebach stand in Flammen (die Wohnhäuser Brell und Natt wurden durch Panzerbeschuss zerstört), wurde aber geräumt. Wir fuhren weiter nach Kleinensee und stellten uns dort für die Nacht auf.

Eichhorst Brücke zwischen den Anschlußstellen Friedewald und Hönebach über die Autobahn A4 nahe Hönebach, die Kreisbogengewölbe aus Sandstein sind noch zu sehen, nach dem Wiederaufbau 1951/1952
Die Einheiten des Kampfkommandos "B" der 4. Panzerdivision rückten um 14.30 Uhr aus der Umgebung von Asbach aus, umgingen den Widerstand in Hersfeld und rückten über die Autobahn A4 vor.
Die Kolonne stieß nur auf leichten Widerstand, bis sie eine Stelle vor Hönebach erreichte, wo eine Überführung (Eichhorstbrücke bei
Autobahn-km 339,488) die Autobahn überquerte. Ein Teil der D/35 war unter der Überführung hindurchgefahren, als die Brücke vom Feind gesprengt wurde, und die daraus resultierenden Trümmer bildeten eine ideale Straßensperre.
Die Panzer, die noch passieren konnten, wurden sofort von eingegrabener, feindlicher Infanterie beschossen. Es gab mehrere Todesopfer, bevor der Feind durch Maschinengewehrfeuer ausgelöscht wurde. Die Kolonne wurde mehrere Stunden lang aufgehalten, während die A/24 die Straße mit Hilfe von Bulldozern und Sprengungen räumte.
Während der Räumung der Straße wurde die A/35 durch Hönebach, Großensee und Bosserode geführt. Zwischen Hönebach und Großensee wurde feindliches Artilleriefeuer angetroffen und sechs feindliche Artilleriegeschütze zerstört. Die Autobahn wurde bis 19:00 Uhr geräumt und der Rest der Kolonne fuhr bis Bosserode, wo sie für die Nacht von der Straße abbogen und Quartier bezogen. Die CP (Command Post) richtete sich in Großensee ein.
Sherman Tank M4 vom 773rd Tank Destroyer Battalion begegnet einer Gruppe von Soldaten mit weisser Flagge am 3. April 1945 auf der Autobahn A4 Richtung Kassel
Hönebach. Seit dem 16. Mai 2009 ist sie Geschichte, die Brücke bei Hönebach. Das in die Jahre gekommene Bauwerk – eine Wirtschaftswege-Überführung über die Autobahn 4 – war baulich marode. Doch mit der Sprengung der Brücke – im Volksmund wurde sie liebevoll das Tor zu Hönebach oder das Wildecker Tor genannt – ist nicht nur ein Symbol der Heimat verschwunden, dessen Erhalt zu teuer geworden war.
Der Abriss des Wahrzeichens hat auch Erinnerungen geweckt. Denn die Brücke ist nicht zum ersten Mal gesprengt worden. Bereits zum Ende des Zweiten Weltkrieges – exakt am 31. März 1945 – ist das damals dort befindliche Brückenbauwerk von deutschen Soldaten in die Luft gejagt worden.
Vorbereitungen zur Sprengung der Forstweg-Überführung über die Autobahn bei Hönebach im Mai 2009
Andreas Terveer hat als Augenzeuge die Ereignisse an der Brücke miterlebt, er war im Oktober 1943 zur Waffen-SS eingezogen und im Februar 1945 von Berlin nach Thüringen verlegt worden, wo er als ehemaliger Grenadier bei der Feldgendarmerie ausgebildet wurde. Am 27. März 1945 gab unser Lehrgangsleiter bekannt, dass für den Einsatz gegen die an der Autobahn Frankfurt – Eisenach vorgehenden US-Streitkräfte Freiwillige gesucht würden, um ihnen eine Kampfgruppe entgegenzuwerfen.
Ich meldete mich sofort, insgesamt kamen etwa 25 Mann zusammen. Umgehend wurden wir vom laufenden Dienst freigestellt. Wir fuhren mit zwei Lkw nach Gebesee, wo sich im Schützenhaus unser Quartier befand. Nach Aufnahme unseres Marschgepäcks ging die Reise weiter nach Sömmerda, wo wir in einer Halle der Rheinmetall-Borisg-Werke übernachteten. Am nächsten Morgen, dem 28. März, fuhren wir nach dem Frühstück von Sömmerda aus über Gotha – Eisenach – Vacha nach Heimboldshausen an der Werra. Hier bezogen wir Quartier. Am 29. März wurden die zurückgehenden Reste 2. Pz. Div. durch Heimboldshausen geleitet.
Am 30. März 1945 wurden dann etwa 15 Freiwillige für eine Kampfgruppe gesucht, die gegen die von Bad Hersfeld mit vier oder fünf Panzern an der Autobahn vorstoßenden US-Streitkräfte eingesetzt werden sollte. Wir 15 Mann standen unter der Führung eines Oberleutnants der Kriegsmarine. Einsatzort war die letzte über die Autobahn führende Brücke am Ausgang des Seulingswaldes bei Hönebach.
Skizze von Andreas Terveer zum Einsatz an der Autobahn-Brücke bei Hönebach
Gegen 22 Uhr wurden wir von Heimboldhausen mit einem Lkw bis zum Autobahnanschluss Friedewald gefahren, den Rest der Strecke mussten wir zu Fuß zurücklegen. Unsere Bewaffnung bestand aus zwei leichten MG 34 mit je einem Kasten Munition, aus Gewehren 98k und einigen Panzerfäusten. Das hätte für die vier oder fünf uns gemeldeten Panzern normalerweise ausgereicht.
 
Wir machten uns also auf den Weg. Das Wetter war ideal, und wir hatten keine Eile. Das erste, was uns auffiel, war, dass die südliche Fahrbahn noch nicht fertiggestellt war. Zwar war sie teilweise bereits eingeschalt, aber eben noch nicht betoniert. So fehlte an dieser Stelle noch Beton für einige Kilometer Autobahn.
 
Zunächst machten wir einige Stunden lang Pause. Am Morgen marschierten wir weiter, aber wir ließen uns so viel Zeit, dass es schon nach dem Mittag war, als wir an der Brücke ankamen. Diese hatte damals noch einen Mittelpfeiler und war zur Sprengung vorbereitet. Männer des Reichsarbeitsdienstes hatten im Bereich der Brücke Stellungen ausgehoben und mit Tannengrün gut getarnt. Unser Oberleutnant wurde vom Führer der Arbeitsdienstmänner mit dem Zündgerät für die Sprengung vertraut gemacht, woraufhin diese abmarschierten. Wir bezogen die Stellungen, die nur an der nördlichen Böschung angelegt waren. Ich hatte mir die MG-Stellung hinter der Brücke ausgewählt und wartete auf die vier oder fünf gemeldeten Panzer.

Gegen 16 Uhr machten sich die Ungetüme endlich durch Motor- und Kettengeräusche bemerkbar. Doch als wir sie sehen konnten, blieb uns die Spucke weg. Das einzige, was an der zu uns durchgedrungenen Meldung stimmte, war die Ziffer "4". In Sicht war die 4. US-Panzerdivison, vorne auf jeder Fahrbahn ein Panzer, dahinter jeweils zwei Panzer, und nach hinten war kein Ende abzusehen. Wie zur Parade fuhren die Panzer auf uns zu. Als die ersten Panzer den Bereich der Brücke erreicht hatten, sprengte unser Oberleutnant die Brücke. Die feindliche Kolonne zog sich sofort zurück und belegte den ganzen Böschungsbereich mit Sperrfeuer.
Als sie eine Pause machten und der Rauch sich etwas verzogen hatte, waren die Amerikaner bis zur nächsten großen Talbrücke, etwa 400 Meter weit, zurückgerollt.
In der Feuerpause schob ich mein MG über die Böschung und schoss auf die Kolonne. Dabei stellte ich fest, dass die feindlichen Infanteristen abgesessen waren und durch den Wald gegen uns vorgingen.
As ich noch etwa 25 Schuss besaß, räumte ich mit meinem Kameraden Rudi Sieber die Stellung. Das zweite MG, das in der Stellung vor der Brücke war, hatte nicht geschossen, es war von herabfallenden Trümmern nach der Sprengung getroffen worden. Ob die Bedienung verwundet oder getötet worden war, konnten wir wegen der vorgehenden US-Infanterie nicht mehr feststellen. Wir gingen nun durch den hinter uns liegenden Wald in Richtung der Straße Hönebach – Ronshausen zurück.
Rückzugsweg von Andreas Terveer und Rudi Sieber vom 31. März bis zum 1. April 1945 von der Brücke bei Hönebach bis zur Gefangennahme nach Neustädt
Als wir aus dem Wald heraustraten, sahen wir eine Gruppe junger Heeres-Soldaten, diese waren als Flaksoldaten in Hönebach postiert, die mit ihrem Unteroffizier in den Wald vorgehen wollten, obwohl sie nur leichte Infantriewaffen trugen. Wir klärten den Unteroffizier über die Lage auf und sagten ihm, was da auf die Gruppe zukäme. Der Unteroffizier, ein älterer Mann von 35 bis 40 Jahren, war durch nichts aufzuhalten. Er sagte nur noch „Wir greifen an!“ und ging mit der Gruppe in den Wald. Ich sehe heute noch die Gesichter der jungen Soldaten vor mir, ein Teil der Gruppe war kaum 18 Jahre alt. Ich sagte zu meinem Kameraden Rudi: "Die sehen wir nicht wieder..."

Wir gingen zu einer Unterführung, die unter der Autobahn durchführte und kamen auf der anderen Seite zu einem einzeln stehenden Haus (Forsthaus Eichhorst).
Hier trafen wir mit unseren Oberleutnant zusammen. Er gab uns den Auftrag, in dem Haus Stellung zu beziehen. Da das Haus mit Frauen und Kindern belegt war, wurde dieses Vorhaben aufgegeben und man ging zu unserem Oberleutnant, der inzwischen den nächsten Waldrand erreicht hatte. Ich schilderte ihm, warum wir dort keine Stellung beziehen könnten, und er akzeptierte unsere Entscheidung gleich.
 
In dem Waldstück standen drei deutsche Panzer IV bereit. Neben eines dieser Fahrzeuge stellte ich mein MG ab und ging zum Oberleutnant hinter dem Panzer, als eine US-Granate genau dort einschlug, wo ich zuvor das MG abgestellt hatte. Durch die Splitterwirkung war die Waffe unbrauchbar geworden.
Die Trümmer der bereits gesprengte Brücke werden von 3 Baggern beseitigt, Mai 2009
Der Granateinschlag war für die Panzer das Kommando zum Aufbruch. Unser Oberleutnant war mit zwei Männern der Kampfgruppe bereits über 100 Meter entfernt. Diese drei, Rudi und ich, also fünf Mann, waren alle, die von unserer Kampfgruppe einander wiedersahen. Auch von der Gruppe der Heeres-Soldaten sahen wir keinen wieder.
Wir gingen zurück und wurden in Hönebach von einem älteren Herrn angehalten. Diesem gaben wir einen Bericht über die Lage an der Autobahn. Nachdem wir noch etwas getrunken hatten, gingen wir an den Eisenbahnschienen in Richtung Gerstungen. Kurz vor der Ortschaft knickte ich beim Sprung von den Gleisen mit dem Fuß um und konnte fortan nicht mehr auftreten. Ich fand ein Stück Holz, dass ich als Krücke benutzen konnte, so dass ich mit dem Fuß nicht mehr auftreten musste...“
 
In Gerstungen aßen die Beiden noch bei einer Bäckerfamilie Kuchen. „... Danach machten wir uns weiter Richtung Neustädt auf den Weg. Als wir dort ankamen, wurden wir von einem Leutnant angehalten, der uns gleich irgendwo einsetzen wollte. Ich zeigte ihm den Feldgendarmerie-Ausweis und machte ihm klar, dass wir in jedem Falle zu unserer Einheit zurückzuführen seien.
Wir gingen dann nach Neustädt... die Brücke über die Werra war bereits gesprengt...“
Sieber und Terveer versteckten sich in einer Scheune, wo sie aber zwischen 8:30 und 9 Uhr durch die vorgerückten Amerikaner gefangen genommen wurden. „... Das ereignete sich am 1.April 1945, und es war Ostern. Rund eineinhalb Jahre später, aber 23.Oktober 1946 wurde ich in Marburg an der Lahn aus der Kriegsgefangenschaft entlassen...“
Das Original von Bernhard Wicki ist sehenswert, aber kein Meisterwerk. Dennoch verdeutlicht der Film den sinnlosen Enthusiasmus der Jugend am Ende des zweiten Weltkriegs.
Der Autor des Romans Gregor Dorfmeister verlor an der Isarbrücke in Bad Tölz am 30.4.1945 als 16 jähriger bei einem sinnlosen Volkssturmeinsatz zwei Kameraden
Die Hönebacherin Käthe Jasiulek erinnerte sich daran, dass ihr Vater Peter Wetterau die toten deutschen Soldaten mit einem Leiterwagen-Gespann abgeholt und zum Friedhof in Hönebach gebracht hat. Sie wurden zunächst in einem Massengrab am östlichen Eingang des Friedhofes beigesetzt.
Diese Soldaten wurden später umgebettet, und sie fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem Hönebacher Soldatenfriedhof, wo auch noch andere Kriegsopfer bestattet sind.

Andreas Terveer erhielt am 25.Juni 2008 vom Standesamt Wildeck eine Liste mit den Namen der Gefallenen vom 31.März 1945, die auf dem Soldatenfriedhof Hönebach bestattet wurden:
Michael Ehrlich geb. 24.9.1925 Ungarn
(„... der zu Terveers Kampfgruppe gehörte und von den umherfliegenden Trümmern der gesprengten Brücke tödlich getroffen wurde...)
Uffz. Reinhold Ragus geb. 22.8.1909 Worms
Schütze Raimund Dietrich geb. 12.1.1926 Rostock
Gefreiter Wolfgang Dragässer
Kurt Ebling
Georg Grimm geb. 18.1.1928 Brieg
Schütze Karl Walk geb. 12.6.1927 Niederkirchen
Panzerschütze Heinrich Wenz geb. 12.7.1927 Mittelbach
Schütze Wilhelm Wittemann geb. 11.8.1920 Hannover
Grenadier Hugo Templin geb. 12.12.1908 Straßburg

Andreas Terveer – damals am 31. März 1945 war er als Soldat und Augenzeuge dabei – wurde am 23. Oktober 1946 in Marburg aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Die große Frage nach dem „Warum?“ beantwortet er mit dem Hinweis auf die damalige Befehlslage. Die Tragik habe wohl auch darin bestanden, dass es in der Endphase des sinnlosen Krieges keine Autorität mehr gegeben habe, die die geschilderten Kampfhandlungen hätte verhindern können.

Wie bei Bernhard Wicki
„Wer den von Bernhard Wicki geschaffenen Antikriegsfilm Die Brücke gesehen hat, wird ihn nicht wieder vergessen“, sagte der Heimatforscher Dr. Kurt Schreiner. Der Film zeige auf eindringliche Weise, wie junge deutsche Soldaten – fast noch Kinder – am Ende des Zweiten Weltkrieges bei der völlig unsinnig erscheinenden Verteidigung einer Brücke gegen die anrückenden Amerikaner zu Tode kamen – und andere Menschen mit in den Tod rissen. „Dazu gibt es eine ganz erschreckende Parallele – und das direkt vor unserer Haustür“, berichtet der Heimatforscher aus Hönebach.


Quellen:
HNA, Mit Tragik zum Ende, 9.1.2010
HNA, Eine Brücke mit Geschichte, 9.1.2010
Zeitschrift DMZ Zeitgeschichte Nr. 26 März-April 2017, S. 26
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